Popgeschichte als Gesellschaftsgeschichte
Zum Eröffnungsvortrag der neugegründeten deutsch-luxemburgischen DFG-Forschungsgruppe “Populärkultur transnational - Europa in den langen 1960er Jahren” setzte sich Detlef Siegfried (University of Copenhagen) mit der Historiographie von Populärkultur auseinander und skizzierte mögliche Forschungsperspektiven. Nach vielen Jahren von Desinteresse an Populärkultur in der Wissenschaft rückt dieses Forschungsfeld seit Anfang der 2000er näher in den Blick der Kultur-, Medien- und Geschichtswissenschaftler.
In jüngster Zeit geschah dies vor allem durch die Untersuchung von Amerikanisierungsprozessen in den europäischen Gesellschaften der Nachkriegszeit. Ein wichtiger Aspekt und möglicher fruchtbarer Ansatz sind aber auch die Untersuchungen von Europäisierungsprozessen und dem Wechselspiel zwischen europäischen und transatlantischen flows in Europa. Denn laut Detlef Siegfried sei es jetzt Zeit, die Theorie um empirische Untersuchungen zu ergänzen. Als Beispiel kann die Rolle von Populärkultur gesehen werden, die sie in den 1960er Jahren spielte, als sich die gesellschaftliche Machtbalance in vielen west- aber auch osteuropäischen Ländern verschob. Hier differenzierte sie neue Artikulationsräume und schuf neue kulturelle Formen, die sich die Gesellschaft - und vor allem die Jugend - aneignen konnte. Neben ästhetisch-künstlerischen Aspekten, die nicht zu vernachlässigen sind, soll Populärkultur im Blick auf gesellschaftliche und politische Wandlungsprozesse (Demokratisierungsprozesse, Jugendkultur) aber auch im Blick auf wirtschaftliche Entwicklungen (Konsumgeschichte) untersucht werden.
Maude Williams